Repertoire
Eine Auswahl der Konzertprogramme des Römerberg Quartetts

Abschied
Hermann Hesse hat in seinem berühmten Gedicht “Stufen“ das Thema Abschied eindrucksvoll beschrieben. Oft wird aus diesem Gedicht nur die wunderbare Zeile “Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ zitiert. Der wahre Sinn des Gedichts zeigt sich aber in Sätzen wie:
“Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben.“
Das Programm “Abschied“ des Römerberg Quartetts enthält Werke des 20. und 21. Jahrhunderts von Anton Webern, Peteris Vasks, Dmitri Schostakowitsch und Ernest Bloch. Die Komponisten beschäftigten sich in ihren Werken auf ganz verschiedene Weise mit dem Thema Abschied.
Anton Weberns Studienwerk “Langsamer Satz“ für Streichquartett ist noch ganz im Stil der Spätromantik komponiert und steht an der Schwelle zur revolutionären Musik der Wiener Schule seines Lehrers Arnold Schönberg.
Das 5. Streichquartett von Peteris Vasks besteht aus zwei gegensätzlichen Sätzen. Vasks beschreibt im ersten Satz (being present) eine Atmosphäre emotionaler Hochspannung, die schließlich mit extremen Dissonanzen endet – ein Schrei voller Verzweiflung. Der ruhige gesangliche zweite Satz (so distant…yet near) dagegen, ist laut Vasks „ein vergebender, liebevoller Blick auf eine Welt, die durch Schmerz und Widersprüche gequält wird… Schließlich verliert sich das Quartett in der Stimmung einer mit Licht erfüllten Trauer.“
Dmitri Schostakowitschs 8. Streichquartett ist eines seiner meistgespielten Werke. Offiziell erklärte Schostakowitsch, dass der Inhalt des Quartetts wesentlich von dem die Zerstörung und die Wiedererstehung Dresdens schildernden Film “Fünf Tage – Fünf Nächte“ beeinflusst sei. In Briefen beschrieb er später aber das Quartett als sein persönliches Requiem. Musikalisch verarbeitete er mit der Tonfolge D-S-C-H in allen Sätzen des Quartetts die Anfangsbuchstaben seines Namens. Zitate aus verschiedenen seiner früheren Werken finden hier außerdem zum ersten Mal Verwendung.
Den kurzen Quartettsatz “Night“ schrieb Ernest Bloch 1925. Es handelt sich um eine wunderschöne jüdische Melodie, die eine melancholische, nächtliche Stimmung beschreibt und am Schluss mit einem optimistischen C-Dur Akkord endet.

Poesie der Romantik
Streichquartette von Robert Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy kombiniert mit Texten romantischer Dichter bilden das neue Programm des Römerberg Quartetts. Die wunderbare Musik und die romantischen Texte, eindrucksvoll gelesen von Thorsten Larbig, lassen das Publikum in die fantasie- und gefühlvolle Welt der Romantik eintauchen.
Für kaum einen Komponisten trifft die Bezeichnung „Tondichter“ besser zu als für Robert Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy. Beide Musiker erhielten in ihrer Jugend eine umfangreiche Bildung, die sich später nicht nur in der Musik, sondern auch in ihren literarischen Werken ausdrückte. Zeit seines Lebens führte Felix Mendelssohn einen regen Briefwechsel mit seiner Familie, aber auch mit berühmten und befreundeten Künstlerpersönlichkeiten wie z.B. Johann Wolfgang von Goethe. Als gefragter Dirigent trug er maßgeblich zur Wiederentdeckung und Aufführung der großen Werke Johann Sebastian Bachs bei. Bevor sich Robert Schumann hauptsächlich der Musik zuwandte, standen in seinen jungen Jahren Gedichte, künstlerische Prosa, Dramenentwürfe und musikalische Kompositionen gleichberechtigt nebeneinander.

Flamenco trifft Klassik
In einem weiteren gemeinsamen Programm mit dem Gitarristen Christian Reichert werden unter anderem zwei selten gespielte Jugendwerke für Streichquartett der baskischen Komponisten Juan Crisóstomo de Arriaga (1806-1826) und Andrés Isasi (1890-1940) aufgeführt, denen Flamencoimprovisationen von Christian Reichert gegenübergestellt werden. Eingerahmt werden diese Kompositionen durch Werke des Wahlspaniers Luigi Boccherini, unter anderem der berühmte Fandango für Gitarre und Streichquartett. Es entsteht so ein Spannungsbogen zwischen den verschiedenen Musikstilen und den Kulturen des Nordens und Südens Spaniens, welcher das Programm zu einem aufregendem Hörabenteuer macht.

Russische Seele
Melancholie, Sehnsucht, Liebe und Lebensfreude sind die wichtigsten Gefühle in den zwei bedeutenden Streichquartetten Nr.2 von Alexander Borodin und op.11 von Peter Ilyitch Tschaikowsky. Im Programm des Römerberg Quartetts werden die musikalischen Werke mit Texten berühmter russischer Schriftsteller kombiniert.
Lesungen kurzer Ausschnitte aus Erzählungen, Biografien und Romanen von Gorki, Turgenjew, Dostojewski, Tolstoi und Pasternak dienen zur Einstimmung der Zuhörer in die russische Gefühlswelt des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Rund um Beethoven
Glanzlichter der Wiener Klassik und Frühromantik.
Die Streichquartette von Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven und Franz Schubert sind hervorragende Beispiele für die rasante musikalische Entwicklung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Ausgehend von Haydn und Mozart sind besonders Beethovens sechs Quartette op.18 die musikalischen Höhepunkte der Wiener Klassik. Während Haydn einige Zeit der Lehrer Beethovens war und mit seinen 83 Streichquartetten als eigentlicher Begründer dieser Werkgattung gilt, löste sich Schubert als Zeitgenosse und Bewunderer Beethovens von dessen klassischem Vorbild und entwickelte sich während seines kurzen Lebens zum wichtigsten Komponisten der Frühromantik.

Souvenirs de España
Die Zusammenarbeit des Römerberg Quartetts mit dem international bekannten Gitarristen Christian Reichert bereichert das Repertoire hauptsächlich um Werke aus Spanien, Italien und Südamerika. Von Boccherini bis Turina, Castellnuovo-Tedesco und Hepp (Fado für Streichquartett) erklingen Werke in der Besetzung Streichquartett mit oder ohne Gitarre und Sologitarre. Die informativ unterhaltsamen Moderationen von Christian Reichert tragen wesentlich zur besonderen Atmosphäre dieser Konzerte bei.

Klavierquintette
Die berühmten Klavierquintette von Robert Schumann, Johannes Brahms oder Antonin Dvorak in einen Kontext mit Streichquartetten aus verschiedenen Epochen zu stellen, verspricht ein spannendes Konzerterlebnis für Publikum und Interpreten. In Kombination mit Musik der Klassik, Romantik oder des zwanzigsten Jahrhundert, bieten sich zahlreiche Möglichkeiten für abwechslungsreiche Konzertprogramme.

Musik zur Passionszeit
‚Die sieben Worte unseres Erlösers am Kreuz‘ von Joseph Haydn, bearbeitet für Streichquartett, und das achte Streichquartett von Dimitri Schostakowitsch sind im Jahr 1787 beziehungsweise 1960 entstanden. Beide Werke haben trotz der zeitlich großen Differenz viele Gemeinsamkeiten. Ist das Werk bei Haydn Ausdruck tief empfundener Religiosität, hat Schostakowitsch sein Quartett („Gewidmet dem Andenken des Komponisten dieses Quartetts“) als Requiem für sich selbst bezeichnet. Unter dem Eindruck von Verfolgung und Gängelung durch die kommunistische Partei in der Sowjetunion und den Folgen des zweiten Weltkriegs entstand ein sehr persönliches Werk voll Melancholie und Verzweiflung. Haydns ‚sieben Worte‘ vermitteln hingegen neben der Trauer auch die Hoffnung auf Erlösung.